Meine Rede im Deutschen Bundestag vom 22. Juni 2022:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunehmende Hitzewellen, Ernteausfälle wegen Trockenheit und Dürre, absterbende Waldbestände: Die Folgen der Erderhitzung sind auch mitten in Deutschland immer deutlicher spürbar. Längst geht es nicht mehr darum, die Erderwärmung aufzuhalten, sondern es geht im Wesentlichen um nichts Geringeres als darum, die Auswirkungen dieser Erderhitzung auf ein für uns Menschen erträgliches Maß zu reduzieren. Deswegen hat sich die Weltgemeinschaft mit dem Klimaschutzabkommen von Paris darauf verständigt, alle möglichen und notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu reduzieren und zu halten.
Zugegebenermaßen: Nicht alle Verkehrsprobleme lassen sich unter der Motorhaube lösen. Verstopfte Straßen in unseren Städten, zunehmender Flächenverbrauch und Zerschneidung der Landschaft durch den Bau von immer neuen Straßen, das ist auch mit einem Wechsel der Antriebstechnologie nicht zu lösen, weshalb wir auch Verkehrsvermeidung und ‑verlagerung benötigen.
Aber der Verkehrssektor trägt in der EU mit 26 Prozent zu den gesamten CO2-Emissionen bei. Drei Viertel davon entfallen allein auf Pkw, Motorräder und leichte Nutzfahrzeuge. Um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, müssen wir uns deshalb auch im Verkehrssektor von der Verbrennung fossiler Rohstoffe und somit auch vom Verbrennungsmotor verabschieden.
So bitter das ist: Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg auf die Ukraine, den Putin vom Zaun gebrochen hat, zeigt doch deutlich, wie enorm abhängig wir in Deutschland – mit unserer Wirtschaft und als gesamte Nation – vom Import fossiler Rohstoffe und Energieträger sind. Als wäre Klimaschutz alleine nicht schon Grund genug, zeigt dieser fürchterliche Krieg, dass wir uns von dieser Abhängigkeit befreien müssen.
Ja – das sage ich insbesondere in Richtung der Fraktion CDU/CSU –, die deutsche Automobilindustrie ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor und sichert für viele Menschen in unserem Land Lohn und Brot. Und ja, es gibt Zulieferbetriebe, gerade solche, die sich auf Teile für den Verbrennungsmotor spezialisiert haben, die bei dieser Transformation unsere Unterstützung benötigen. Aber viele Arbeitsplätze in der Automobilindustrie sind doch von Antriebssträngen unabhängig. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal ein Elektroauto gefahren sind:
Eine Karosserie, eine Windschutzscheibe, ein Lenkrad, ein Sitz, Armaturen, ja sogar Räder werden auch in einem Elektroauto verbaut. Das heißt, in der Summe bietet die Elektromobilität für den Automobilstandort Deutschland mehr Chancen als Risiken.
Ich hätte Ihnen empfohlen – eingeladen waren Sie, Kollege Ploß –, an dem Fachgespräch zur nachhaltigen Mobilität teilzunehmen, das wir gerade vorhin im PBnE durchgeführt haben. Auf Einladung Ihrer Fraktion war hier ein Vertreter von Mercedes-Benz, und der hat uns gesagt, dass es aus ökonomischen Gründen gar keinen Sinn macht, ewig lang mehrere Antriebsstränge nebeneinander zu entwickeln und zu produzieren.
Deswegen hat unsere Automobilindustrie ein ökonomisches Interesse, möglichst bald und auf absehbare Zeit aus der Verbrennungstechnologie auszusteigen.
Es ist daher auch wirtschaftspolitisch grundfalsch, zu versuchen, den Fortschritt aufzuhalten. Erinnern wir uns nur an Nokia; die waren bei Mobiltelefonen führend. Sie haben den Trend zu Smartphones verpasst, und innerhalb kürzester Zeit waren sie weg vom Markt.
Zahlreiche Länder und damit eben auch Exportmärkte für unsere deutschen Hersteller haben sich bereits auf ein Ausstiegsdatum aus der Verbrennungstechnologie festgelegt, ob Großbritannien, Schottland, US-Bundesstaaten, Kanada, Israel, Japan oder Thailand. Deswegen gehen viele Automobilhersteller wie Opel, Audi oder Cadillac von einem festen Ausstiegsdatum aus der Verbrennungstechnologie aus, weil es ökonomisch keinen Sinn macht, dauerhaft zwei Antriebsstränge nebeneinander fortzuentwickeln.
Deswegen sind die Ziele der EU-Kommission – strengere CO2-Flottengrenzwerte für 2030 als Zwischenschritt und als Ausstiegsdatum für die Verbrennertechnologie 2035 festzulegen – absolut folgerichtig. Wir als Grüne haben uns sehr darüber gefreut, dass auch das Europaparlament mehrheitlich diesem Vorschlag gefolgt ist. Wir stehen hinter diesem Ziel. Damit kann der Hochlauf der Elektromobilität richtig Fahrt aufnehmen. So gelingt es uns, durch die Reduktion der CO2-Emissionen im Verkehr noch rechtzeitig die Kurve zu bekommen.
Die Bundestagsrede von Tessa in Ton + Bild