26.09.2023 | Zu ihrem Offenen Brief an die Bundesärztekammer zur Diskriminierungsfreiheit bei der Blutspende erklärt Tessa Ganserer, stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss und Abgeordnete der grünen Bundestagsfraktion:
Mit großem Bedauern habe ich erfahren, dass die Bundesärzteärztekammer mit ihrer Neufassung der Hämotherapie-Richtlinie, die am 31. August 2023 vorgestellt wurde, das Ziel verfehlt hat, eine diskriminierungsfreie Blutspende sicherzustellen. Dazu wurde sie aber mit der diesjährigen Novelle des Transfusionsgesetzes vom Gesetzgeber verpflichtet. Deshalb richte ich mich heute mit einem offenen Brief an die Bundesärztekammer und stelle darin klar: Eine erneute Überarbeitung der Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten ist unbedingt erforderlich. Dabei sollte auch die Expertise von Verbänden, wie etwa von der Deutschen Aidshilfe, miteinbezogen werden.
Für uns GRÜNE steht fest: Wer Blut spendet, hilft, Leben zu retten. Daher muss die mittelbare aber auch unmittelbare Diskriminierung einzelner Gruppen aufgrund ihrer sexuellen Identität beendet werden. Allein das individuelle Risikoverhalten darf den Ausschlag geben, wer zu einer Spende zugelassen wird und wer nicht. Das war das unmissverständliche Ziel des Gesetzgebers, das schnellstmöglich umgesetzt werden muss.
Hintergrundinformationen:
Im März dieses Jahres hat der Deutsche Bundestag die Änderung des Transfusionsgesetzes beschlossen. Für die Risikobewertung, die zu einem Ausschluss von oder der Rückstellung einer Blutspende führen kann, hat der Bundestag damit unmissverständlich geregelt: Es darf hierbei nicht berücksichtigt werden, welche sexuelle Orientierung oder Geschlechtszugehörigkeit/-identität die spendenwillige Person oder ihre Sexualpartner*innen haben (§ 12a Abs. 1 Satz 4 TFG).
Durch diese Änderung des Transfusionsgesetzes war es notwendig, dass die Bundesärztekammer die Risiken, die zum Ausschluss oder der Rückstellung einer Blutspende führen, neu bewertet.
In der nun vorliegenden Neufassung werden zwar Männer, die Sex mit Männern haben sowie transgeschlechtliche Menschen nicht mehr explizit ausgeschlossen. Dennoch finden sich in den überarbeiteten Richtlinien implizit diskriminierende Vorgaben, die – entgegen der Behauptung – gerade nicht mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet werden können. So sollen beispielsweise in Zukunft Personen von der Blutspende ausgeschlossen werden, die in den jeweils letzten vier Monaten Analverkehr mit neuen Sexualpartner*innen hatten. Hierbei handelt es sich um eine stigmatisierende Hintergrundannahme, die eine mittelbare Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung darstellt, da Analverkehr nicht per se risikobehaftet ist. Nur wenn er ohne Schutzmaßnahmen ausgeführt wird, ist ein erhöhtes Risiko für die Übertragung von Infektionskrankheiten möglich.
(Foto: Nguyễn Hiệp | Unsplash)