Zur Veröffentlichung des Eckpunktepapiers zum Selbstbestimmungsgesetz erklären Tessa Ganserer, stellv. Mitglied im Gesundheitsausschuss, und Nyke Slawik, stellv. Mitglied im Familienausschuss:
Unser neues Gesetz für mehr Selbstbestimmung von trans, inter und nicht binären Menschen ist ein kleiner Schritt für die Verwaltung, aber ein großer Sprung für eine freie und vielfältige Gesellschaft. Frei leben zu können heißt auch, dass jeder Mensch für sich selbst bestimmt, welchem Geschlecht er angehört. Und genau deshalb schaffen wir Grüne zusammen mit unseren Ampelpartnerinnen ein modernes Selbstbestimmungsgesetz und stärken damit die Grundrechte für alle.
Manche Menschen stellen im Laufe ihres Lebens fest, dass das bei der Geburt festgestellte Geschlecht nicht ihrem tatsächlichen entspricht. Der Prozess, das in offiziellen Dokumenten zu ändern, ist bislang entwürdigend, er beinhaltet Gerichtsprozesse und Zwangsbegutachtungen. Die Ampelkoalition löst deshalb das Transsexuellengesetz ab: Wir machen nun Schluss mit der Fremdbestimmung und Entmündigung.
Bald ist die Korrektur eines falschen Geschlechtseintrags und die Änderung des Vornamens das, was es nach Haltung von uns Grünen schon immer sein sollte: Ein unspektakulärer Verwaltungsakt beim Standesamt. Damit gehört die gesetzlich verankerte Herabwürdigung von trans, inter und nicht binären Menschen endlich der Vergangenheit an. Menschen, die aufgrund der bisherigen Gesetzgebung von Zwangssterilisation und Zwangsscheidung betroffen waren, werden zudem entschädigt.
Hintergrund Selbstbestimmungsgesetz:
Das mehr als 40 Jahre alte Transsexuellengesetz (TSG) zwingt transgeschlechtliche Menschen, sich von zwei Gutachter*innen als psychisch krank diagnostizieren zu lassen, um ihren Personenstand zu ändern. Dabei werden sie mit intimsten und entwürdigenden Fragen konfrontiert, wie nach Art der getragenen Unterwäsche oder Masturbationsverhalten. Dann entscheidet ein Gericht, ob der falsche Geschlechtseintrag berichtigt werden darf.
Zahlreiche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts besagen, dass die Frage, welchem Geschlecht sich ein Mensch zugehörig empfindet, als Teil der Privatsphäre verfassungsrechtlich geschützt ist. Dies folgt aus der Achtung der Menschenwürde und dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Nachdem die Mitgliedstaaten des Europarates aufgefordert sind, ihre Verfahren zur Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags schnell, transparent, leicht zugänglich und auf Selbstbestimmung basierend zu gestalten, haben einige europäische Staaten dies bereits umgesetzt und die Verfahren niedrigschwelliger gestaltet. Die Ampelkoalition geht mit dem nun veröffentlichten Eckpunktepapier zum Selbstbestimmungsgesetz den ersten Schritt, um hier endlich gleichzuziehen.